Biber, das klingt erst einmal nach einem eher putzigen Thema. Europas größtes Nagetier hat nach Jahrhunderten Abwesenheit auch auf dem Endorfer Gemeindegebiet an einigen Stellen in der Seenplatte aber auch im Simsseemoos entlang der Thalkirchner Ache wieder eine Heimat gefunden. Selbst wenn die zahlreichen angenagten Bäume, das Totholz in den Biberrevieren dem Spaziergänger einen anderen Eindruck vermitteln: der Bestand der Tiere ist stark gefährdet. Sowohl die Tiere als auch ihre Bauten wie Dämme und Burgen sind in ganz Europa rechtlich streng geschützt. Die Zerstörung eines Biberbaus, die Tötung eines Tieres wird mit empfindlichen Strafen geahndet.
Wer sich an den Stammtischen umhört, der hört allerdings selten Freude über die gelungene Wiederansiedlung des Bibers auf Endorfer Gemeindegebiet: Die Landwirte schäumen vor Wut. CSU und Freie Wähler, im Schulterschluss mit dem Bauernverband, versuchen bereits für die Landtagswahl weitere Punkte bei ihrem Kernklientel einzuheimsen, indem sie die Stimmung kräftig anheizen. Die politischen Forderungen: Den Biber endlich ins Jagdgesetz schreiben, die Populationen ausrotten, um die Waldbauern vor den immensen Schäden der Nager zu schützen. Was hundert Jahre hier gefehlt hat, muss gar nicht erst wiederkommen – so das Credo der schwarzen Allianz.
Doch wie so oft taugt das Thema nicht für simple Lösungen und lohnt einen genaueren Blick. Besonders schön lässt sich das an der Thalkirchner Ache beobachten, wo der Biber bereits ein kleines Stück des ansonsten begradigten Flüsschens umgestaltet hat. Wo der Biber wirkt, beginnt die Ache zu mäandern. Ihre Strömung wird dadurch verlangsamt, was Insekten, Fischen und Amphibien wieder Lebensräume schafft, die mit der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung der Flächen in den vergangenen Jahrzehnten verloren gegangen sind. Mit seinem Damm steigt der Grundwasserspiegel, die Böden werden nässer und können infolge auch größere Mengen des Treibhausgases CO2 speichern. Zum Nulltarif leistet eine Biberfamilie am Simssee, was andernorts mit kostspieligen Umbaumaßnahmen zur Wiedervernässung von Mooren etwa durch menschliche Hände geleistet wird.
Und die Schäden? Das zerstörte Nutzholz? Die Flächen, die für eine intensive Bewirtschaftung etwa für Grünfutter nicht mehr zur Verfügung stehen?
Hier täte der Diskussion etwas Sachlichkeit gut: Nur zwei Prozent der landwirtschaftlichen Flächen wären bayernweit durch einen effektiven Biberschutz beeinträchtigt – manche dieser vernässten Flächen wären als Streuwiesen auch weiterhin, wenn auch eingeschränkt, für die Landwirtschaft nutzbar.
Und das Holz?
Tatsächlich werden die Landwirte heute bereits für die Biberschäden entschädigt. Nur stellt die CSU-Regierung dafür jährlich eine lächerlich geringe Summe bereit. Bayernweit sind es gerade mal 680.000 Euro – bei etwas über 2000 bayerischen Kommunen bliebe einer einzelnen Gemeinde gerade mal gut 300 Euro für derartige Entschädigungszahlungen. Und man möchte vermuten, dass es genau darum geht: schließlich gehört die Unzufriedenheit der Bauern seit jeher zum Stammkapital von CSU und Freien Wählern – solange es gelingt, mit simplen Parolen und politischem Klamauk die Schuld an der Misere dem politischen Gegner anzulasten.
Martin Both
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