Wieder zwei schwere Unfälle innerhalb einer Woche. Wieder verunglücken Fahrradfahrer und wieder passieren die Unfälle entlang der Endorfer Hauptverkehrsachsen. Unser Ort setzt sich damit an die Spitze der landkreisweiten Unfallstatistik fest.
Auch wenn die Reihe teils tödlicher Unfälle an Bahnhofsstraße in den vergangenen Jahren verschiedenste Ursachen haben: Zufällig sind sie nicht. Der Auto- und Schwerlastverkehr über Endorfs Staatsstraßen ist inzwischen derart angewachsen, dass er kaum mehr Fehler verzeiht. Ältere Menschen, Menschen mit Einschränkungen, neue Verkehrsteilnehmer, Kinder, die erst die noch die Verkehrsregeln einüben müssen, haben vom Wiebelpark bis zum Kirchplatz keinen Platz mehr im Endorfer Straßenraum. Ein trauriger Befund – für einen Ort, der sich selbst in den Touristikbroschüren als Paradies für Fahrradfahrer beschreibt, blanker Hohn.
Seit Jahr und Tag machen wir Grüne als Ortsverband und Fraktion auf das Problem aufmerksam. Zahlreiche Bürger und Bürgerinnen sind bei der Verwaltung vorstellig geworden und haben dort teils umfangreiche, sehr fundierte Mängelkataloge für den Fußgänger- und Radverkehr vorgelegt. Hunderte von Menschen gehen inzwischen jährlich auf die Straße und fordern mehr Sicherheit für die Endorfer Fußgänger und Fußgängerinnen, für die Radfahrenden.
Für einen Ort mit noch nicht einmal 9.000 Einwohnern sind das beispiellose Vorgänge. Beim aktuellen Fahrradklimatest des ADFC – wenn man so will der ADAC für Radler und Radlerinnen – gibt es in ganz Deutschland keine zehn Gemeinden, die bei der Bewertung der Verkehrssicherheit von Radfahrenden schlechter abschnitten als Bad Endorf. Bayernweit ist dort Bad Endorf die am schlechtesten bewertete Gemeinde.
Die Wirkung dieser Befunde und Proteste ist gleich null. Selbst kleinste Lösungsschritte werden nicht umgesetzt. Wir warten immer noch auf den längst und einstimmig beschlossenen Zebrastreifen über die Hofhammer Straße. Die Ausweisung der Langbürgnersee-Straße als Alternativroute zur Bahnhofstraße für Fahrräder – auch das seit Beginn der aktuellen Sitzungsperiode des Marktgemeinderates in Diskussion – tritt auf der Stelle. Dass einmal angedacht war, die Bahnhofstraße in einem Modellprojekt zu 30er-Zone auszuweisen, scheint niemanden mehr ernsthaft zu interessieren. Die Gespräche darüber bei den übergeordneten Behörden in München und Rosenheim sind offenbar längst vergessen. Die Verkehrsplanungen am neuen Schulzentrum beschränken sich derzeit darauf, Parkplätze für Lehrer zu sichern, den morgendlichen Muttitaxiverkehr zu ordnen und Platz für die Busse zu schaffen.
Geplant wird dagegen mit allem Nachdruck der große Kreisel am Endorfer Kirchplatz. Die Hoffnung: Der Auto- und Lastwagenverkehr auf Bahnhofstraße, nach Rosenheim und Halfing verflüssigt sich endlich. Ein Heilsversprechen für alle, die derzeit mit Blick durch die Windschutzscheibe auf den Endorfer Kirchturm an den roten Ampeln warten müssen.
Ob allerdings dieser Kreisel und der flüssig fließende Verkehr dort mehr Sicherheit für all jene ohne Windschutzscheibe an diesen Verkehr Teilnehmenden bringen wird, ist mehr als fraglich. Alle Simulationen für die Leistungsfähigkeit des Kreisels kennen das Fuß- und Radlvolk nur als störenden Bremsfaktor. Geplant wird das Bauwerk, um den motorisierten Verkehr abzuwickeln. Für hunderte Schulkinder aus dem Ort wird es dort künftig Lotsen brauchen, um sie halbwegs sicher durch den Verkehrsstrom am Kirchplatz zu bringen. Dass Kreisverkehre ein erhebliches Risiko für alle auf dem Fahrrad darstellen, ist längt in Studien nachgewiesen.
Der Forderungskatalog unserer grünen Ratsfraktion ist mindestens so lang, wie die vom Marktgemeinderat beschlossenen Maßnahmen, die nicht umgesetzt wurden: Eine umfassende Überplanung des Endorfer Rad- und Fußgängerverkehrs durch ein qualifiziertes Verkehrsplanungsbüro, Ausweisung von leistungsfähigen, sicheren Ost-West- und Süd-Nord-Durchfahrten für Fahrräder, Planung sicherer Schulwege aus dem Ort in Richtung Schulzentrum – etwa mit Fußwegen und einer Einbahnregelung für die Kreuzstraße –, ernsthafte Einbeziehung des Fahrradverkehrs bei der Planung des Kreisels, Neuordnung des Verkehrs an der Kreuzung Landinger und Wasserburger Straße, Umbau der Langbürgnerseestraße zu einer Fahrradstraße, Aufhebung der Einbahnregelung an der Katharinenheimstraße für Fahrradfahrende, Überholverbot für Fahrräder zwischen Wiebelpark und Kirchplatz.
Noch haben wir Hoffnung, dass Polizei, Straßenbauamt und Gemeindeverwaltung endlich die fatale Unfallstatistik in Bad Endorf ernst nehmen. Dass sie statt beschwichtigender Worte endlich sinnvolle Lösungsvorschläge auf den Tisch legen – und vor allem die bereits beschlossenen Lösungsschritte endlich umsetzen.Martin Both.
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