Vor etwa zwei Wochen stellte der Arbeitskreis „Fußgänger- und Radverkehr“ im Beisein des ersten und zweiten Bürgermeisters in einer öffentlichen Informationsveranstaltung das Konzept einer Fahrradzone vor. Diese soll sich über die Katharinenheimstraße, die Langbürgnerseestraße und die angrenzenden Verbindungsstraßen erstrecken.
Grundsätzlich ist es natürlich sehr erfreulich, dass das Thema Radverkehr endlich den Stellenwert bekommt, den es längst verdient. Die engagierte, ehrenamtliche Arbeit des Arbeitskreises – der sich für mehr Sicherheit und Lebensqualität in unserer Gemeinde einsetzt – verdient große Anerkennung.
Trotzdem kann ich mich, auch wenn ich vorsichtig optimistisch bleibe, nicht uneingeschränkt freuen. Warum?
1. Versprechen und Realität
Bereits vor fast sechs Jahren, kurz vor der Kommunalwahl 2020, gab es eine Podiumsdiskussion zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Die Bürgermeisterkandidaten standen Rede und Antwort. Damals schlug ich – noch parteilos – vor, die Langbürgnersee- und Kreuzstraße zu Fahrradstraßen zu machen. Ziel war es, eine sichere, durchgehende Radverbindung durch den Ort zu schaffen – eine echte Alternative zum Auto.
Die Reaktionen auf diesen Vorschlag waren durchweg positiv. Auch die grünen Gemeinderäte hatten unabhängig davon ähnliche Ideen eingebracht. Als schließlich zwei der Kandidaten, die damals vielversprechend reagiert hatten, tatsächlich zu Bürgermeister und Zweitem Bürgermeister gewählt wurden, schien die Umsetzung nur noch eine Frage der Zeit zu sein.
Doch passiert ist: nichts. Ganze sieben Jahre lang.
Nun, kurz vor der nächsten Kommunalwahl, wird das Thema plötzlich wieder aufgegriffen – diesmal allerdings nicht durch politisches Handeln, sondern durch das Engagement eines Arbeitskreises und eine wachsende öffentliche Aufmerksamkeit. Dass sich just jene Personen, die das Thema jahrelang ruhen ließen, nun als Vorkämpfer für den Radverkehr präsentieren, wirft Fragen auf.
2. Fahrradzone light – ohne Wirkung?
Was tut man, wenn man niemanden verärgern will – weder Rad – noch Autofahrer?
Man beschließt eine sogenannte „unechte“ Fahrradzone, die am bestehenden Zustand nichts ändert: Alle Autos dürfen weiterhin durchfahren, auch der Pendelverkehr. Das einzige neue Verbot: Radfahrer dürfen nicht überholt werden.
Doch der Unterschied zur bisherigen Situation ist marginal. Denn theoretisch gilt schon jetzt Tempo 30. Und wegen der engen Straßenverhältnisse ist das Überholen von Radfahrern laut StVO ohnehin kaum erlaubt.
Was also bringt eine Fahrradzone, die faktisch nichts verändert – außer zwei neuen blauen Schildern?
Man setzt auf das Prinzip Hoffnung: Wenn irgendwann genug Radfahrer unterwegs sind, wird der Autoverkehr sich vielleicht tatsächlich an die Regeln halten. Eine Reduzierung des Kfz-Verkehrs – etwa durch Beschränkungen auf Anlieger – ist offenbar nicht vorgesehen. Wer sollte das auch kontrollieren?
3. Sicher sieht anders aus
Werden sich unter diesen Bedingungen Eltern trauen, ihre Kinder allein zur Schule oder zum Sport radeln zu lassen? Werden sich Menschen auf dem Rad sicher und willkommen fühlen? Wird das Fahrrad wirklich zur attraktiven Alternative?
Ein Erlebnis aus dem Alltag zeigt, wie es um die Realität bestellt ist:
Mein Mann und ich waren mit unseren kleinen Kindern im Radanhänger in einer solchen „unechten“ Fahrradzone unterwegs, als ein Auto mit hoher Geschwindigkeit einbog – und unsere Familie nur knapp verfehlte. Als mein Mann sich anschließend am Auto vorbeischob, drohte uns der Fahrer sogar mit Anzeige wegen eines angeblichen Kratzers. Passiert ist letztlich nichts – außer, dass uns die Leichtigkeit und Sorglosigkeit abhandenkam, mit der wir eigentlich gerne unterwegs wären.
Fazit:
Bad Endorf hat bislang keinen wirklich sicheren Raum für Radfahrende. Lasst uns gemeinsam einen schaffen – einen, der diesen Namen auch verdient.
Claudia Bergmann
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