Das Bad Endorfer Ferienprogramm bietet seit vielen Jahren einen Brotback-Nachmittag für Kinder an. Martin Both, Marktgemeinderat der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, bringt dafür stets seinen eigenen Natur-Sauerteig mit und leitet die Kinder an. Zuletzt darf jedes Kind seinen eigenen Brotlaib mit nach Hause nehmen.
Unser Brot hat eine lange und interessante Geschichte. Dass Menschen seit etwa 9000 Jahren Getreide anbauen, ist bekannt. Und die Kunst des Brotbackens dürfte ähnlich alt sein. Wissenschaftliche Ausgrabungen beweisen, dass der Getreideanbau zuerst in Mesopotamien und der heutigen Osttürkei üblich war. Bald aber wanderte das Wissen um Züchtung, Anbau und Verarbeitung mit den verschiedenen Völkerwanderungen auch in unsere Region nördlich der Alpen. Schon seit vielen tausend Jahren wachsen deshalb hierzulande die sogenannten Urgetreide Gerste, Emmer, Einkorn und Dinkel, später kamen dann weitere Getreidesorten wie Roggen, Hafer und der (aus Emmer, Einkorn und Dinkel gezüchtete) Weizen hinzu. Erst seit etwa 70 Jahren wird hierzulande der aus Amerika stammende Mais in großem Stil angebaut, der (asiatische) Reis und die (afrikanische) Hirse sind auch heute noch vorwiegend Importware.
Aus allen Getreidesorten kann man natürlich einfache Brotfladen herstellen, aber die Getreidesorten Roggen, Dinkel, Emmer, Einkorn und Weizen sind gut geeignet für die Brotwecken und Brotlaibe, wie wir sie kennen.
Brot backen kann eigentlich jeder, aber gutes Mehl, Salz, Wasser, Lockerungsmittel (wie Sauerteig oder Hefe) und eine gute Anleitung lassen aus wenigen Zutaten etwas Wertvolles und Bekömmliches entstehen. In Mitteleuropa ist Brot schon sehr lange das wichtigste Nahrungsmittel. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein war Getreide eine so wichtige Feldfrucht, dass der Begriff „das tägliche Brot“ generell für Nahrung stand. Wer mangels Getreide kein Brot mehr backen konnte, hatte eben nichts mehr zu essen.
An der Römerstraße in Eßbaum steht ein traditioneller Backofen im Obstgarten. Auch in diesem Sommer kamen interessierte, gut aufgelegte Kinder zum Brotback-Nachmittag zusammen. Martin Both und Sabine Niederthanner leiteten sie beim Brotbacken an und unterstützten sie bei der Teigherstellung. Aus Roggen- und Weizenmehl, gut geführten Sauerteig, lauwarmem Wasser und Salz wurde zunächst der Brotteig angesetzt. Dann mischten, rührten und kneteten die jungen Teilnehmer mit viel Ausdauer und Gefühl so lange, bis jeder von ihnen einen schönen Klumpen Teig in seiner Schüssel hatte. Je nach Geschmack durften noch Brotgewürze zugegeben werden, und danach musste der Teig zugedeckt ruhen. Der Sauerteig arbeitete, und dadurch konnte der Teig schön „aufgehen“.
Während im Backofen bereits ein kräftiges Feuer brannte, durchstreiften die Kinder die Wiese im Obstanger und suchten unter Anleitung nach geeigneten Kräutern für die Kräuterbutter: Blätter der wilden Möhre, von jungen Löwenzahn- und Schafgarbentrieben, Spitzwegerich und wilder Thymian, dazu Rucola, Basilikum, Ysop und Rosmarin aus den Kräutertöpfen vor dem Haus ergaben ein bunte Mischung.
Während der Kräuterwanderung hatte Martin helles Weißbrot gebacken; er holte es aus dem Ofen und schob anschließend die sorgfältig geformten Brote der Kinder hinein.
Jetzt hatten diese reichlich Zeit, die Kräuter zu waschen, zu zerkleinern und aus bestem Rahm ihre eigene Butter herzustellen. Nach dem Abgießen der süßen Buttermilch (für viele Kinder recht ungewohnt!) mischten sie die geschnittenen Kräuter unter die Butter und bestrichen ihre warmen Weißbrotscheiben damit – das schmeckte allen!
Zu guter Letzt konnten dann auch die großen Natursauerteigbrote aus dem Holzofen geholt werden. Alle Laibe waren hervorragend gelungen, und am Ende eines anstrengenden Nachmittags durften die stolzen Bäckerinnen und Bäcker den eigenen duftenden Brotlaib und ein kleines Stück Kräuterbutter mitnehmen.
Früher wurde auf den Bauernhöfen in Bayern und darüber hinaus nur einmal pro Woche Brot gebacken, manchmal sogar noch seltener. Dem Brotbacken waren der mühsame Getreideanbau und die Ernte vorausgegangen (Mähdrescher gibt es noch nicht sehr lange!). Danach kam noch das fachmännische Mahlen in der Mühle. Traditionelle Sauerteigbrote bleiben bei richtiger Lagerung lange essbar. Notfalls wurde Brotsuppe daraus gemacht, nichts wurde weggeworfen. Das Backen für große Familien mit oft vielen Kindern und dem ganzen Gesinde, und zwar für eine oder gar zwei Wochen, war mühsam und anstrengend, entsprechend wertvoll war jedes Brot.
Brotgeschichte von 9000 Jahren in wenigen Stunden erfahrbar gemacht und in einem Brotlaib zusammengefasst – für alle Kinder und Erwachsenen eine ursprüngliche, besondere Erfahrung!
Elfi Reischl
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