Der Gemeinde Bad Endorf gehören gut Dreiviertel der Unternehmensanteile der Gesundheitswelt Chiemgau (GWC). Ein Unternehmen, das neben der Therme, dem Ströbinger Hof und der Simsseeklinik in Endorf genauso in Seebruck, Prien und Rosenheim größere medizinische Einrichtungen betreibt. Weitgehend erfolgreich, der Gemeindehaushalt profitierte durch die Beteiligung im Jahr 2022 von knapp 300.000 Euro, ausgeschüttet als Gewinnbeteiligung durch die GWC.
Ein gutes Geschäft, möchte man meinen. Doch lohnt sich hier ein genauer Blick, immerhin handelt es sich bei der GWC um den größten Arbeitgeber im Ort und eine gute Quelle für Gewerbesteuereinnahmen – wenn auch längst nicht die wichtigste für Endorf. Die Gemeinde bindet derzeit – setzt man einen durchschnittlichen Kurswert von 13 Euro pro Aktie an – grob 20 Millionen Euro an Kapital, um die Mehrheit im Aufsichtsrat der GWC zu halten.
In Zeiten von knappen Haushalten ist das eine Menge Geld. Dazu kommt, dass die Gemeinde erst vor kurzem im Zuge der sogenannten „Entflechtung“ der GWC zu lächerlich geringen Kaufpreisen sämtliche Grundstücke und Gebäude der Therme und Simsseeklinik überlassen hat. Außerdem fließen derzeit weitere Millionen an Steuergeldern aus Fördertöpfen des Freistaats Bayern über die Gemeinde an die Gesundheitswelt. Ohne diese Fördermittel wäre das Unternehmen nicht in der Lage, das Bohrloch für das Thermalwasser in Endorf in Schuss zu halten.
Eine wirkliche Entflechtung hat also nie stattgefunden. Im Gegenteil: Man scheut sich auch heute nicht, den Gemeinderat einzuberufen, etwa um die unternehmenseigenen Parkplatzprobleme zu lösen.
Die Satzungsmehrheit im Aufsichtsrat, die mit dem Halten von mehr als Dreiviertel der GWC-Aktien einhergeht, schaffen der Gemeinde kaum Vorteile. Für die Gemeinde wichtige Fragen bleiben im Aufsichtsrat offensichtlich unberücksichtigt, etwa bei der Frage um die Zukunft des Heizwerkes am Wertstoffhof. Die GWC wäre ein idealer Abnehmer für die Heizwärme im Sommer, hat sich aber ohne Rücksicht auf die Gemeinde für die Planung eines eigenen Hackschnitzelheizkraftwerkes entschieden. Genauso hätte man bei der Bohrlochsanierung auch darüber nachdenken können, wie das heiße Wasser aus der Tiefe zum Beispiel auch zur Energieerzeugung dienen könnte. Von derartigen Überlegungen ist nichts bekannt.
Die rund 20 Millionen Euro, die derzeit als Aktienmehrheit an der GWC gebunden sind, sind für den Gemeindehaushalt totes Kapital. Ein Kapital, das im Ort dringend gebraucht würde. Etwa um den Ortskern vor Überflutungen wie im August vergangenen Jahres zu schützen, für den Bau von bezahlbaren Wohnungen oder um sich finanzielle Spielräume bei der Gestaltung der Ortsmitte zu schaffen oder endlich mit der Sanierung des Moorbades voranzukommen.
Wir Grünen sind mit dem Versprechen angetreten, dieses tote Kapital für die Gemeinde nutzbar zu machen. Schon in unserem Wahlprogramm aus dem Jahr 2020 findet sich ein entsprechender Abschnitt. In Zeiten von Sparhaushalten und knappen Kassen wäre es sinnvoll hier, entsprechende Schritte zur Verringerung des Aktienbesitzes einzuleiten.
Martin Both.
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