Liebe Bad Endorfer*innen,

das Virus hat uns leider weiterhin fest im Griff und alle Zeichen deuten darauf hin, dass es auch die nächsten Wochen und Monate mit Teil-Lockdowns weitergehen wird. Vor allem die sozialen Kontakte, das zusammen Feiern und miteinander Spaß haben fehlen uns allen. Doch wie können wir gerade dem Bedürfnis nach Miteinander und Zusammengehörigkeit in diesen Zeiten entsprechen? Indem wir beispielsweise auf Telefon, Videokonferenzen und Spaziergänge, Wanderungen oder gemeinsame Radltouren im kleinen Kreis und mit Abstand zurückgreifen. Aber auch neue Felder tun sich auf. Wir können auch in anderen Bereichen mehr zusammenrücken und mehr gemeinsam tun. Kennen Sie/kennst Du den Trend Citizen Science oder übersetzt: Bürgerwissenschaft? Das ist eine Form der offenen Wissenschaft, bei der Projekte unter Mithilfe von oder komplett durch interessierte Laien durchgeführt werden. Sie melden Beobachtungen, führen Messungen durch oder werten Daten aus. Warum ich ausgerechnet jetzt darauf komme? Im Spätsommer, als Corona uns nicht so gnadenlos im Griff hatte, wurde über den Pelhamer See vom Gesundheitsamt ein Badeverbot ausgesprochen.

Entwicklung am Pelhamer See

Der Ortsverband der Grünen fragte beim Wasserwirtschaftsamt, der unteren Naturschutzbehörde (darüber haben wir bereits im letzten Endorfer berichtet) und nun neu auch bei Wissenschaftlern nach. In einer Videositzung haben uns Dr. Maria Stockenreiter und Prof. Dr. Herwig Stibor die Sache dargelegt. Die beiden Biologen forschen, arbeiten und lehren über Limnologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und wirken mit ihrem Team an der Limnologischen Station in Seeon. Limnologie ist die Kunde zu Binnengewässern.

Die Analyse der Wasserprobe dieses Tages, entnommen aufgrund der Algenblüte, ergab eindeutig, dass es sich um Cyanobakterien (oder Blaualgen) der Gattung Planktothrix rubenscens (Burgunderalge) handelte. Alge ist insofern korrekt, dass diese Bakterien wie Pflanzen Photosynthese betreiben. P. Rubescens (Burgunderalge) gehört zu den fädigen Cyanobakterien und lebt üblicherweise in tieferen Schichten tiefer Voralpenseen. Im flacheren Pelhamer See kommt diese Alge ganz selten vor und üblicherweise auch nicht an der Oberfläche. Für die Algenblüte an diesem Tag war vermutlich ein Sturm verantwortlich, der sie nach oben schichtete. Das wenige Gift, das diese Alge erzeugte, gelangte an die Wasseroberfläche. Am nächsten Tag waren die Algen abgesunken, das Gift abgebaut und nicht mehr feststellbar. Somit waren das vom Gesundheitsamt zunächst ausgesprochene Badeverbot und die folgende Badeerlaubnis korrekt.

P. rubescens bevorzugt warme Winter und profitiert somit vom Klimawandel. Sie kommt aufgrund der Klimaerwärmung in unseren Seen allmählich häufiger vor, überlebt die milden Winter besser und tritt von Jahr zu Jahr in zunehmenden Beständen auf. Ein Nährstoffeintrag durch Überdüngung war sehr wahrscheinlich nicht der Grund für diese Algenblüte im Pelhamer See.

Wenn bei uns Sperrungen eines Badesees ausgesprochen werden, handelt es sich meist um eine Blaualgenblüte. Diese werden in der Regel von einer anderen Blaualgengattung, Microcystis, gebildet. Diese Alge profitiert von Überdüngung und erzeugt auch wesentlich mehr Gifte.

Wir machen uns natürlich Sorgen um unsere Seen und wollen wissen, was wir tun können, um sie besser zu schützen. Dazu braucht es aber Daten, die Einblicke in die Entwicklung der Gewässer geben. Wir haben erfahren, dass die Wasserwirtschaftsämter aber praktisch nur Seen größer als 50 Hektar beobachten können. Die Wasserrahmenrichtlinie der EU, die hier zum Tragen kommt, besagt, dass sich die Güte eines Gewässers nicht verschlechtern darf, im Gegenteil: es besteht ein Verbesserungsgebot. Leider fehlt in den Behörden aber das Personal, um auch kleine Seen zu monitoren.

Citizen Science: Wenn Bürger*innen und Wissenschaft näher zusammenrücken

Und hier kommt Citizen Science ins Spiel: Es gibt bereits erprobte Initiativen, Wasserwirtschaftsämter bei der Kontrolle der Wasserqualität kleiner Gewässer zu unterstützen. Konkret sieht das so aus: Das Landratsamt vergibt Ausstattung für das Monitoring von Gewässern an einen Verein und Laien, die eine gewisse Ausbildung erhalten und lernen, welche Messwerte oder Proben sie wie nehmen, übernehmen das Monitoring. Sie führen die Messungen durch, und übergeben sie an entsprechende Labore zur Auswertung. Die Werte gehen dann an die entsprechenden Ämter weiter. Wir haben bereits erste freiwillige Bürger*innen, die bereit wären, Messungen durchzuführen. Wir freuen uns, wenn sich noch weitere Bürger*innen melden (gruene@gruene-endorf.de). Denn wir haben ja, was wunderbar ist, viele kleine Seen. Vor allem geht es nun noch darum, Politik und Behörden auf Landkreisebene von dem Projekt zu überzeugen und die nötige Ausstattung zu beschaffen, damit Bürger und Wissenschaft hier Hand in Hand arbeiten und näher zusammenrücken können – ein Beispiel, wie auch in Zeiten wie diesen mehr Miteinander im Sinne des Gemeinwohls möglich ist.

Krise ist immer auch Chance

Wie jede Krise, bergen auch die dringlichsten aktuellen Krisen, Corona und der Klimawandel, Chancen. Chancen, neue Ideen zu entwickeln, innovativ zu sein und positive Veränderungen herbeizuführen, die letztlich allen Bürger*innen zugutekommen. So ist Citizen Sience auch ein Schritt in Richtung Gemeinwohl-Ökonomie, die wir Grünen in Bad Endorf Schritt für Schritt weiter etablieren wollen, wozu wir aber auf die Unterstützung des Gemeinderates und des Bürgermeisters angewiesen sind.

Weihnachten steht vor der Tür. Und auch, wenn wir heuer auf Christkindlmärkte, Weihnachtsfeiern etc. verzichten müssen – Citizen Science zeigt, dass es auch neue Formen des Zusammenrückens gibt. Wir Bad Endorfer Grünen wünschen Ihnen/Dir und Ihren/Deinen Lieben viele gute Ideen, den Mut, Neues zu tun und neue Wege zu gehen, um die Krisen zu meistern. Es gibt viele Möglichkeiten, positive Veränderungen herbeizuführen – und oft sind es die kleine Dinge, die etwas Gutes, Schönes bewirken können. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen/Dir eine besinnliche Zeit, ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr.

Christine Wildgruber und Robert Hell, Sprecher*in der Grünen Bad Endorf

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