Die nichtgetrunkene Haushaltshalbe.

POLITISCHE KOLUMNE
Die nichtgetrunkene Haushaltshalbe – Marktgemeinderat stimmt über Haushalt 2023 ab.


Falls es jemand noch nicht mitbekommen haben sollte – es bringt derzeit wenig Anerkennung, sich
öffentlich als eine den Grünen zugeneigte Person zu outen. Nur ein politisches Mandat für die
Grünen inne zu haben, bringt da noch mehr Hohn und Angriffsfläche. Das ist in Endorf nicht anders
als im Rest der Republik. Oder andersherum: das ist nun im Rest der Republik, wie es in Endorf schon
immer war. Wer heute grün-politische Verantwortung trägt – ob auf Bundes-, Landes- oder
Kommunalebene – braucht eine schier unerschöpfliche Quelle an Resilienz und Mut, denn ein
Bekenntnis zu der den Vizekanzler stellenden Partei, wirkt auf viele Mitmenschen als reine
Provokation.


Apropos Provokation: Als solche wird anscheinend auch von dem ein oder anderen
Gemeinderatsmitglied die Ablehnung des Haushalts 2023 durch die Mehrheit der Grünen Fraktion im
Endorfer Gemeinderat angesehen. Als „hinterfotzig“ und „kindisch“ wird dieses
Abstimmungsverhalten bezeichnet. „Euer Glück, dass ich euch ned auf‘d Nacht begegnet bin!“
quittierte ein Mitglied die Abstimmung.


Der Haushaltsabstimmung im Marktgemeinderat, die darüber entscheidet für welche Projekte die
Verwaltung in den vergangenen fünf Monaten und in den verbleibenden sieben Geld ausgeben
sollte, gehen eine vierstündige Klausur, zeitintensive Beratungen in den Fraktionen sowie ein
fachlicher Austausch der Fraktionssprecher:innen voraus. Man ist also am Abend der Abstimmung
gut vorbereitet, hat bereits viel diskutiert, erwägt, recherchiert und sich ausgetauscht und ist … und
jetzt kommt’s … voller Vorfreude in Erwartung auf die „Haushaltshalbe“ – das traditionelle
gemeinsame Bierchen aller Mitglieder des Gemeinderats zu später Stunde. Und dann die bittere
Erkenntnis – man wird diese Jahr nicht dazu eingeladen! Weil man falsch abgestimmt hat! Der Ärger
ist zu groß, als dass man Lust hätte an diesem Abend mit den Grünen beim Wirt an einem Tisch zu
sitzen.


Nun kann ich diesen Ärger so gar nicht verstehen. Denn erstens hat für den Vorschlag der Verwaltung
eine große Mehrheit des Gremiums gestimmt, d.h. er ist genehmigt. Kein Grund zum Weinen – ihr
habt doch eh gewonnen! Und außerdem dachte ich immer, dass Demokratie von unterschiedlichen
Meinungen lebt. Wenn sich in Endorf keine Mehrheit findet für einen engagierten Klimaschutz, für
eine tiefgreifende Veränderung in der Schulwegsicherheit und hinzu bezahlbarem Wohnraum, sowie
einer lebendigen und von der Verwaltung geförderten Bürgerbeteiligung, dann ist das schade, aber
eben der Mehrheitswille der Bürger und Bürgerinnen, denn diese haben ja gewählt. Wenn ich dann
aber anderer Meinung bin und genau für diese Dinge kämpfe, den Mund aufmache und gegen einen
Haushalt stimme, der zu wenig für diese Themen steht, dann ist das mein demokratisches
Grundrecht.


Veröffentlichungen, die persönliche Verunglimpfungen beinhalten, Nicht-Teilnahme an Sitzungen,
die vor dem Gremium despektierlich in Abwesenheit moniert wird und fachlicher Input zum
Klimaschutz, das als „Geschwätz“ abgetan wird: Das können wir alles erdulden, das lächeln wir
einfach weg und gehen zur Tagesordnung über. Aber eine nichtgetrunkene Haushaltshalbe – das
geht zu weit, meine Herren.

Mareike Melain

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